Frech wie Oscar
Die südfranzösischen Geheimtipp-Reben Terret und Cinsault bezaubern mit ihrem ausgelassenen Charme.
Es hat auch seine Vorteile, unter dem Radar zu segeln. Die Region um das südfranzösische Montpellier ist seit jeher Landweinland. Das Sagen haben die großen Abfüller und deren Interesse an Qualitäts-Appellationen ist naturgemäß gering. Das kann man beklagen. Oder als Chance sehen! Die wenigen eigenständigen Winzer des Gebiets begreifen das Label "Landwein" als Unabhängigkeitserklärung. So wie Emmanuel Serin auf der Domaine de la Dourbie. Er hat das alte Anwesen renoviert und auf biologischen Anbau umgestellt. Seither nutzt er seine Freiheit, um sich hochspannender Reben anzunehmen, die aus dem Mainstream herausstechen.
Die Domaine liegt unweit der berühmten Austernbänke des Étang de Thau. Als vielleicht beste weiße Seafood-Rebe gilt den Einheimischen die Terret Blanc: weiße Pfirsichfrucht, wunderbar lebendig – aber ertragsarm, spätreifend und deshalb vielfach im Weinberg aussortiert. Dass sie heute wieder in Pariser Weinbars zirkuliert, dazu hat der nach Emmanuels Urgroßvater benannte "Oscar" einiges beigetragen.
Das andere Aushängeschild auf Dourbie ist der Cinsault. Trotz großer Geschichte ist es still um diese Rebe geworden. Sie wiederspricht mit ihrer hellroten Farbe und ihrer Finesse dem Bild vom körperreichen südfranzösischen Rotwein. Emmanuel Serin macht sie wieder zum Star. Sein rotbeeriger, leicht rauchiger Rouge setzt ein Statement gegen Schwermut. Im "Oscar" Rosé schließlich kann Cinsault seine begeisternde Frucht, seine feinfühlige Mineralik und seine ganze Eleganz ausspielen. Oscarreif!
— Gotthard Scholz
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