Piazza Primitivo
Die Nachtluft auf apulischen Plätzen ist so seidig wie der Wein. Eine Ode an den Primitivo.
Die Piazza Mercantile in Bari, die Piazza Sant’Oronzo in Lecce oder die kleine Piazza dell’Orologio im meistfotografierten Polignano – Apuliens Altstädte sind dafür geschaffen, das Leben bei einem Glas Primitivo zu feiern. Allein ist man dort selten. Und ruhig geht auch anders. Aber wer will das schon in lauen Novembernächten, die einem hierzulande noch fast sommerlich vorkommen.
Der Primitivo, erst vor rund zwei Jahrzehnten von der Weinwelt entdeckt, ist ein Geschenk. Für die Apulier, weil sie dank ihm teilhaben an kulinarischem Ruhm und Wohlstand. Für uns, weil er nichts weniger beschert als ein Maul voll Süden. Eigentlich hat Primitivo von allem zu viel: Fruchtsüße, Körper, Kräuterwürze, Samt. Aber genau dieses Überbordende und Freigiebige macht seinen Reiz aus. Maßhalten passt eben nicht zu den so hingebungsvoll bröckelnden apulischen Barockstädten.
Der "Primasole" Primitivo vom Weingut Cielo e Terra – Himmel und Erde – trumpft mit einer weiteren Qualität der Rebsorte auf: so viel Wein fürs Geld ist geradezu unfassbar. Ins Angebot kommt der "Primasole" nur, um noch mehr Menschen sanft in ihr Glück zu stupsen. Beim zweiten Wein sehen wir mal galant über den Weinnamen »Black’s Devil« hinweg. Das ist die grammatisch etwas verrutschte Übersetzung von Nero del Diavolo, was weitaus besser zu der teuflisch anschmiegsamen Cuvée aus Primitivo und Negroamaro passt. Und dann ist da noch der "Sandrà" Primitivo. Assoziationen zu diesem Namen verkneife ich mir. Obwohl sie passen würden. Benvenuti nella Piazza Primitivo.
— Gotthard Scholz
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