
Deutscher Rotwein: Vom Saulus zum Paulus
Deutschland ist ein Weißweinland – da sind sich viele Genießer und Experten vollkommen einig. Tja, so kann man sich irren!
Seit gut 36 Jahren setze ich mich für deutsche Weißweine ein und habe bis vor kurzem die These vertreten, dass Deutschland mit Ausnahme des Spätburgunders eigentlich kein Rotweinland ist – und dass, wenn es mal brauchbare deutsche Rotweine gibt, diese im internationalen Vergleich viel zu teuer sind. Zwei junge Burschen haben mich nun eines Besseren belehrt. Und so singe ich unversehens das Loblied der neuen, spannenden deutschen Rotweine für Sie.
Frieder Sven Schäfer, Lauffen/Neckar
Der erste deutsche Rotwein, den ich ganz gerne mochte, war Anfang der achtziger Jahre ein bemerkenswert lebendiger württembergischer Schwarzriesling. Den Namen des Winzers hatte ich längst vergessen, nur der Lagen name, Lauffener Riedersbückele, ging mir nicht aus dem Sinn. Und so hatte ich mir immer wieder vorgenommen, diesem Wein mal für Sie nachzuspüren.
Im letzten Jahr schickte uns als "Blindbewerbung" der aufstrebende junge württemberger Winzer Frieder Sven Schäfer seine fulminante Cuvée "Triathlon" – aus eben dieser Weinbergslage. Als ich ihn auf unserer letzten Weinmesse VINORELL dann fragte, wie viele Winzerkollegen es denn im Riedersbückele noch so gibt, war die Überraschung groß: Das Weingut Eberbach-Schäfer hat die Lage seit 35 Jahren im Alleinbesitz – und der Wein, den ich damals so gern mochte, stammte von seinem Opa. Sozusagen "aus Versehen" hatte ich also mein rotes deutsches Lieblingsweingut von damals für Sie wiederentdeckt – nur ein schöner roter Schwarzriesling steht noch aus.
Stephan Schwedhelm, Zellertal/Pfalz
Über den märchenhaften Aufstieg dieses ungemein ehrgeizigen Zellertaler Jungwinzers, dessen Vater Bernhard mich 1977 überhaupt erst auf die Idee gebracht hatte mit Wein zu handeln, habe ich an dieser Stelle schon mehrfach berichtet. Bislang waren es aber vor allem die fulminanten neuen Weißweine von Stephan Schwedhelm, die ich Ihnen vorgestellt habe, und die auch dem Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) aufgefallen sind: Der Jungwinzer wurde Anfang März in der Pfalz zum "VDP-Spitzentalent" gekürt. Aber heute und hier schlägt, vermutlich im Gegensatz zur nächsten Bundestagswahl, die Stunde der Roten.
Gerd Rindchen
(WEIN NEWS Mai 2013)